Heute in der Wochensitzung hat Frau Nadel ihren Kopf nicht da wo er sein sollte. In Gedanken liegt sie noch am Strand von La Palma.
Sie hat schon den ganzen Morgen geschwärmt: «Das waren fantastische Ferien! Ich habe gut gegessen und stundenlang an der Sonne gelegen.» Zu lange, wenn Sie mich fragen. Ihr Dekolleté leuchtet uns allen krebsrot entgegen. ¡Ay, caramba! Das tut schon beim Anschauen weh.
Alter schützt vor Torheit nicht und manchmal auch nicht davor, unvorbereitet an eine Sitzung zu kommen. Und so sitzt Frau Nadel heute geröstet und sehr nervös an ihrem Tisch. Sie will uns ihr neues Konzept zur Vermarktung der Winterkollektion präsentieren. Problem: Sie weiss nicht, was sie sagen soll.
Nun reagierte sie genau so, wie mein Birdy manchmal. Wenn er Angst bekommt, fliegt er weg und versteckt sich. So ähnlich Frau Nadel. Sie duckt sich hinter ihren Laptop, dunkelt das Sitzungszimmer ab. So dass man das Gefühl hat, man befinde sich in einer Dunkelkammer und müsse lichtempfindliche Filme entwickeln. Einzig sichtbar sind ihre hellen Locken, die den Bildschirm umrahmen. Sonst sieht man nichts. Und sie hat nichts zu sagen.
Unser CEO, Herr Weber, hat dann auch schnell die Nase voll und beendet die Sitzung. Gerne hätte ich noch ein paar Fragen gestellt. Doch Frau Nadel flüchtet durch die Tür und verbringt die folgende halbe Stunde auf der Toilette.
Liebe Frau Nadel. Das kann passieren. Doch nächstes Mal verschieben Sie die Sitzung besser. Dann rauben Sie uns keine Zeit und ersparen sich einen sehr, sehr peinlichen Auftritt.